Erinnerungen
Ich erinnere mich, als mein Großvater über den zweiten Weltkrieges sprach. Über den Wahnsinn, der ein ganzes Land befallen hatte, Soldaten zu mordenden Bestien werden ließ. Die Perversion der grauenvollen, ungeheuerlichen Taten die im Namen eines Führers passierten, der ein ganzes Volk in den Untergang führte.
Ich erinnere mich, wie seine Stimme verzagter und trauriger wurde, mit jedem Satz, den er sprach, mit jeder Erinnerung, die ihm das Geschehene wieder in die matternden Gedanken rief, aus denen er gerade in den langen, meist einsamen Nächten keinen Ausweg fand.
Ich erinnere mich, wie mein Vater, sein Sohn es nicht mehr hören wollte, dieses ewige Geschätz von früher, wie er es nannte. Und das wir doch lieber stolz sein sollten, auf dieses Land, das wie der Phönix, wieder aus der heißen Asche seiner Geschichte gekrochen sei.
Ich erinnere mich an zahlreiche Zwiegespräche und daran, das mein Großvater und mein Vater, nie einen guten Draht zueinander hatten. Der eine geprägt von seinen düsteren Gedanken und einer Geschichte, die er nicht abwerfen konnte, die ihn bis in das Grab verfolgte. Der andere in der Hoffnung auf eine neue, starke Generation, ohne die nervenden Gedanken an ein tausenjähriges Reich, das bereits nach zwölf Jahren sein kümmerliches, aber gerechtes Ende fand, verantwortlich für Millionen von Toten.
Ich erinnere mch an meine ersten Geschichtsstunden und das ich alles verschlang, was sich in irgendeiner Form mit dem Deutschland er letzten einhundert Jahre verband und was sich zu wissen lohnte.
Ich erinnere mich, als mein Großvater starb und an seinen letzten Satz im Zusammenhang mit den dunkeln Jahren dieses widerlichen Naziregimes, für das er bis an sein Ende solche Verachtung empfand. „Lasst es nie wieder geschehen!" flüsterte er, als er sein Leben aushauchte und ich an seinem Bett saß.
Ich erinnere mich an die westdeutsche Parteienlandschaft der achtziger und neunziger Jahre, an die DVU, die Republikaner und manch anderes, rechtes Gesocks, das nie stark in der Fläche, es aber doch in das ein oder andere Landesparlament schaffte.
Ich erinnere mich an die Dispute mit meinem altersstarren Vater, der diese Parteien klein reden wollte, sie als Spiegelbild der Protestwähler abtat, als Ventil für eine nationale Idee, völkisch und gerecht. Es war mir zuwider, das ich mich nicht des Gefühls erwehren konnte, er sei auch von diesem rechten Geist, ein ganz klein wenig infiziert.
Ich erinnere mich, als er starb und er mich an seinem Sterbebett nicht sehen wollte, weil ich seine Gesteshaltung nicht teilte.
Ich erinnere mich an das Erstarken der AfD, das lange belächelt wurde. An den Rechtsruck in weiten Teilen Europas. An Marine le Pen, Viktor Orbán, Jörg Meuthen, Björn Höcke, Norbert Hofer, Matteo Salvini und hundert andere, die diesem Kontinent ganz langsam mit ihrem Hass und der steten Hetze vergifteten. Und an Donald Trump, der menschgewordene Blödsinn auf zwei Beinen, der es sogar bis in das Präsidentenamt der Vereinigten Staaten von Amerka schaffte und die Welt gänzlich in dem Orkus des Verderbens stürzte.
Ich erinnere mich, als der dritte Weltkrieg begann, der alles herniederriß, für immer ....
© Hansjürgen Katzer, Oktober 2018
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