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Gedichte die das Leben schrieb |
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© Hansjürgen Katzer 2011
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6. Rachepläne
Als die Müllerin die Kammer ihres Sohnes betrat wandte Eugen Balduin Munkelpietz zu ihr. ,,Hört gute Frau, ich habe vielleicht eine Idee, wie wir den Gutsherrn umstimmen können, so dass er euch die Mühle lässt und eurem Mann wieder die Freiheit schenkt. Allerdings müsst ihr mich zum Anwesen des Gutsherrn hinführen und ihr dürft nicht erschrecken, denn ich werde unsichtbar sein!“ Dann weihte er auch die Müllerin in seine Pläne ein.
Die Müllerin war von dem Plan des Wichtels sehr angetan und erklärte sich bereit ihn zum Schloss des Gutsherrn hinzuführen. Am späten Nachmittag machten sich die beiden auf den Weg. Es war ein weiter und anstrengender Weg bis sie das Schloss erreicht hatten. Der Wichtel, der sich mit seinem Elfenstaub unsichtbar gemacht hatte, konnte den großen Schritten der Müllerin kaum folgen. Vor einem eisernen Tor blieben sie stehen. ,,Hier wohnt der Schuft,“ rief die Müllerin wütend aus. Zwei riesige Hunde hatten die Fremden entdeckt und kamen mit fletschenden Zähnen angelaufen und bellten gar schrecklich. Der Wichtel hielt sich die Ohren zu. ,,Seid still!“
Ein Diener kam aus dem Haus gelaufen. Als er die Müllerin bemerkt hatte kam er zu ihr um zu fragen, was sie wünschte. ,,Ich möchte noch einmal mit dem Gutsherrn sprechen,“ gab diese zur Antwort. Der Diener winkte ab. ,,Das geht heute nicht. Der Herr ist beschäftigt!“ Abrupt drehte er sich um und ging wieder in Richtung des Schlosses. Eugen Balduin Munkelpietz hatte sich an seine Fersen geheftet und folgte ihm. Er sah gerade noch wie ihm die Müllerin nachwinkte. Die beiden Hunde bellten wieder, als der Diener mit dem unsichtbaren Gefolgsmann an ihnen vorbeiging.
,,Ob, die Hunde können mich sehen,“ ging es dem Wichtel durch den Kopf und er bekam ein wenig Angst. ,,Seid endlich still, ihr verdammten Kläffer. Ich möchte wissen welcher Teufel euch heute reitet?“ Der Diener war nun sehr aufgebracht. Dann hatten sie das Eingangsportal des Schlosses erreicht und der Wichtel war hinter dem Diener durch die Tür geschlüpft. Er stand nun in einer großen Halle. Größer als alles was er bisher gesehen hatte. Stilvolle Leuchter aus Kristall zierten die Decke. Der Fußboden war mit kostbarsten Teppichen ausgelegt. An den Wänden hingen zahlreiche Gemälde, auf denen Personen zu sehen waren, die dem Wichtel völlig unbekannt waren. Man konnte deutlich erkennen, dass in diesem Haus das Geld regierte. Der Wichtel ging die Halle entlang und gelangte in einen weiteren saalähnlichen Raum. Auch hier gab es zahlreiche Kostbarkeiten zu bestaunen. In einer großen Vitrine stand edelstes Tafelsilber und feinstes Porzellan. An den Wänden hingen zahlreiche Jagdtrophäen, die Eugen Balduin Munkelpietz das Blut in den Adern gefrieren ließen. Der Kopf eines Wildschweines erinnerte den Wichtel an Bräsig, den Keiler aus dem Teufelswald. An einem Tisch, saß ein dicker Mann.
Dann tauchte der Diener wieder auf und servierte dem dicken Mann das Abendessen. ,,Wo ist meine Frau, fragte er den Diener. Sie weiß doch, dass ich nicht gern alleine esse.“
,,Hier bin ich!“ Eine wunderschön, junge Frau mit roten, langen Haaren betrat den Raum. Sie setzte sich zu dem dicken Mann an den Tisch und beide begannen zu speisen. Die Frau sah aus, als hätte sie geweint. ,,Was hast du schon wieder, du dumme Gans?“ herrschte sie der dicke Mann an. ,,Ach nichts mein Gemahl. Es geht mir gut!“ ,,Hör auf zu lügen, ich sehe doch dass du wieder geheult hast. Ich verstehe dich einfach nicht. Du hast doch alles was dein Herz begehrt und trotzdem bist du ständig am flennen!“ Die junge Gemahlin seufzte und der Diener kam und brachte weitere Speisen auf den Tisch.
,,Wenn du weiter so abweisend bist, dann werde ich deinem Vater den Kredit aufkündigen und er kann sehen wo er bleibt. Du kannst doch froh sein, dass ich dich geheiratet habe, du undankbares Ding!“ Die junge Frau seufzte wieder.
Eugen Balduin Munkelpietz glaubte seinen Ohren nicht trauen zu können. Dieser aufgeblasene, dicke Gutsherr war wirklich ein widerlicher Tyrann und Schuft. Später dann als die Nacht schon hereingebrochen war, hatte sich der Gutsherr in das Kaminzimmer des Schlosses zurückgezogen. Er las in einem Buch, rauchte Pfeife und trank Wein in rauen Mengen. Auch hier im Kaminzimmer hingen zahlreiche Jagdtrophäen und dem Wichtel war wieder sehr mulmig zumute. Aber nun sollte sein Spuk beginnen. Auf einem kleinen Tisch, neben dem Sessel, wo der Gutsherr saß, stand ein Silbertablett mit Gläsern und einer Karaffe. Mit einem Ruck warf der unsichtbare Wichtel das Tablett vom Tisch. Es landete auf dem Boden und alle Gläser und auch die Karaffe zerbarsten mit klirrendem Lärm.
Der dicke Gutsherr sprang erschrocken aus seinem Sessel auf. ,,Potzblitz, was ist nun los?“ Er rief den Diener herbei. Inzwischen war der Wichtel in den Raum geeilt, in dem der Gutsherr das Abendessen eingenommen hatte. Er öffnete die Vitrine, kletterte in die Regale und warf das gute, kostbare Porzellan zu Boden, wo es in tausend kleine Scherben zerbrach. Es war ein Höllenspektakel.
,,Das geschieht ihm recht!“ Der Wichtel war mit seiner Arbeit sehr zufrieden. Der Gutsherr ließ inzwischen das ganze Schloss von seiner Dienerschaft durchsuchen. Der Koch und der Kutscher suchten im Keller, Diener und Mägde in den Räumen des Schlosses. Aber niemand konnte den Übeltäter entdecken. Weit nach Mitternacht kehrte wieder Ruhe im Schloss ein und der dicke Gutsherr begab sich in sein Schlafgemach. Er war zutiefst bekümmert. Es gab nicht viel, was ihn erregte. Aber wenn es jemand wagte sein Eigentum, seine Kostbarkeiten zu zerstören, dann konnte er wahrlich außer sich geraten. ,,Verdammt, wenn ich den Schuft erwische, der mir das angetan hat, den lass ich hängen.“ Er entkleidete sich und zog sich sein Gutsherrennachthemd an.
,,Jetzt bin ich müde, aber morgen wird sich die Sache aufklären, dafür werde ich sorgen!“ Bevor er sich ins Bett begab, ging er noch einmal zu einer großen, hölzernen Truhe. Dann schloss er sie mit einem kleinen Schlüssel, den er immer an einer goldenen Kette um den Hals trug auf.
,,Wenigstens mein Geld ist noch da!“ Er verschloss die Truhe wieder und legte sich schlafen. Schon nach kurzer Zeit war er fest eingeschlafen und schnarchte ganz entsetzlich. Sein dicker Bauch hob und senkte sich unter der Bettdecke. Eugen Balduin hatte die ganze Zeit über ruhig und still im Schlafgemach des Gutsherrn verharrt. Nun war der Moment der endgültigen Rache gekommen. Er wartete noch ein Weilchen, dann kletterte er auf das Bett und löste mit flinken Fingern den Schlüssel von der goldenen Kette, die der Gutsherr noch immer um den Hals trug. Er schloss die Truhe auf. Mühevoll hob er den Deckel hoch, ganz leise und vorsichtig. Er sah zwar nicht sehr viel, konnte aber deutlich Münzen und anderes fühlen. Dann schleppte er die ganze Nacht hindurch das Geld des Gutsherrn hinfort in ein Versteck, das nicht so leicht zu entdecken war. Als er fertig war, graute schon wieder der Morgen.
Er verließ das Schloss auf leisen Sohlen damit ihn die beiden Hunde nicht entdeckten und kehrte zur Mühle zurück. Dort wurde er schon sehnlichst erwartet.
,,Hier!“ Er überreichte der Müllerin einige Silberstücke. ,,Geht und kauft ein. Ich glaube ihr habt momentan mehr Geld als der Gutsherr, denn ich habe ihm heute Nacht alles Geld fortgenommen. Er ist ein armer Mann!“ Dann begab er sich in seine Kammer und legte sich schlafen. Das zweite große Abenteuer das er auf seiner Wanderschaft erlebt hatte, war gut ausgegangen.
Der Gutsherr aber wachte auf und sein Schrecken war riesengroß. All seine Münzen und Taler waren fort. Er schrie und tobte, wie ein Berserker, schalt seine Frau und die Dienerschaft und prügelte die Hunde durch. Aber sein Geld blieb verschwunden. Alles wurde nochmals durchsucht, sogar den Schlossgarten wollte er umgraben lassen. So ließ er dann zu guter letzt die Gendarmen holen und übergab ihnen die Sache.
© Hansjürgen Katzer, 1997
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