Der Ottokar
Der Ottokar, der Ottokar,
schien schon als Kind recht sonderbar.
Trug seiner Schwester Kleider auf,
ging jedes Jahr zum Schlussverkauf.
Und malte sich die Nägel rot,
der hatte wirklich große Not.
Der mochte Jungs, was soll man tun,
so höret die Geschichte nun.
Der Ottokar, der Ottokar,
der war für manchen nur ein Narr.
Am alten Güterbahnhof stand,
ein Jüngling oft im Festgewand.
Und weil der süß und niedlich war
verliebte sich Freund Ottokar,
in diesen Schöngeist um so mehr.
Das störte nun den Vater sehr.
Der trank vor Sorge manches Glas,
wenn er in seiner Kneipe saß.
Und sagte, so ein schwuler Sohn,
bringt bei den Nachbarn Spott und Hohn.
Weil es dem Menschen nicht gefällt,
wenn man sich nicht an jenes hält,
was die Moral, so mit sich bringt.
Was anständig und ehrbar klingt!
So warf den Sohn, er aus dem Haus,
der weinte sich die Augen aus.
Begriff die ganze Welt nicht mehr
und als er dann an Tränen leer,
schrieb er ein Buch nun mit Verstand,
kurz drauf las dies das ganze Land.
Statt Spott und jeder Menge Hohn,
gab man ihm Geld und reichlich Lohn.
Den Schöngeist nahm er bald zu Mann,
erinnert sich noch heut´ daran.
Genoss das Leben manches Jahr,
der schwule, coole Ottokar.
Und wer sich seiner schämt und stört,
entgegnet Ottokar empört:
So lasst mich sein, so wie ich bin,
so bin ich wohl nach Gottes Sinn.
© Hansjürgen Katzer, Dezember 2012
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