Mord im Moor

Mord im Moor


Das Fräulein schreitet durch kalten Wind,
die Äugelein vor Tränen fast blind.
Sie sieht kaum den Weg, auf dem sie geht,
vor ihr nur ein wallender Nebel steht.

Oh Liebster, oh Liebster, jetzt bist du fort,
gar schrecklich und grausam war der Mord,
den ich so gerade an dir hab´ begangen,
obwohl mein Herz an dir so gehangen.

Das Moor hat dich mit Seufzen verschlucket,
hab´ dir noch ein letztes Mal nachgegucket.
Sah dein Gesicht, deinen leblosen Blick,
zog den Dolch, dir Liebster aus deinem Genick.

Von Blut besudelt, das weiße Gewand,
ziehen meine Füße nun schwer durch den Sand,
den Wege entlang, der zum König führt,
der mich nun zu seiner Königin kürt.

Ach Liebster, du wirst meine Tat versteh´n,
ich werde dich oft noch in Träumen seh´n.
Ich konnte nicht auf die Krone verzichten,
ich musste die Liebe und dich vernichten.

Ich trage dein Kind in meinem Leib,
ich bleibe im Herzen dein treues Weib,
doch im Leben, da bin ich bald Königin,
danach all mein Sehnen, nur danach mein Sinn.

Die Liebe genommen, die Krone gewählt,
manch´ Schauer nun mein Gewissen quält.
Doch wird er nicht ewig von Dauer sein,
das Gold ist so kostbar, die Seele ist klein.

So schreitet das Fräulein wohl über das Moor,
in dem ihr Liebster sein Leben verlor.
Wie so viele, die von der Liebe verraten,
trostlos im Morast des Todes schon warten.


© Hansjürgen Katzer, Mai 2004


Foto: Hansjürgen Katzer





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