Herr Yilmaz kam aus der Türkei
Herr Yilmaz kam aus der Türkei,
am einem Freitag, Ende Mai.
Um ein Uhr zehn, bei Mondenschein,
da traf sein Zug in Duisburg ein.
Da stand er nun am Bahnsteig acht,
in dunk´ler, deutscher Frühlingsnacht.
Die Heimat war so fern und weit,
Herr Yilmaz spürte Traurigkeit.
Er blieb ein Fremder unter Fremden,
in seinem Koffer nur zwei Hemden.
Dazu ein Bild von seinen Lieben,
ansonsten war nicht viel geblieben.
Im deutschen Wirtschaftswunderland,
in dem Herr Yilmaz sich befand,
schien alles eitel Sonnenschein.
Als würd´ es niemals anders sein!
Er fand schnell Arbeit im Revier,
zehn Stunden täglich, bis um vier.
Sechs Tage lang nur Schinderei,
am Sonntag gab es arbeitsfrei.
Dann ging er oft in die Moschee,
aß Lammfleisch dort, trank süßen Tee.
Und träumte still von Ankara,
ein Ort, wo er stets glücklich war.
Fünf Jahre gingen wohl ins Land,
in dem er etwas Wohlstand fand.
Er holte Frau nach und den Sohn,
klein war die Wohnung, karg der Lohn.
Zwei Töchter wurden ihm geboren,
er fühlte sich trotzdem verloren.
War weiter einsam, traurig, fremd
und weinte manchmal ungehemmt.
Doch trotzdem blieb er, sah mit an,
wie Jahr um Jahr, ganz still verrann.
Wie dunkle Wolken düster zogen
und Träume in den Himmel flogen.
Die Arbeitslosen wurden mehr,
auch ihn traf jenes Schicksal sehr.
Im Land schwand Hoffnung und Geduld,
die Fremden waren plötzlich schuld!
Und die Rassisten und die Hetzer,
schrien auf wie einst die braunen Ketzer.
Manch böser Spruch an grauer Wand,
nun Beifall und Gefallen fand.
Der Moslem wurde dargestellt,
als Schrecken für den Rest der Welt.
Und mancher brave Christensohn,
sah das mit Freude und mit Hohn.
© Hansjürgen Katzer, September 2000
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